Teig, Team, Tempo: Die Rezeptur zum Erfolg
Interview mit Jürgen Rosar, Geschäftsführer der BAKER & BAKER Germany GmbH

Wirtschaftsforum: Herr Rosar, BAKER & BAKER ist vor knapp fünf Jahren aus CSM Bakery hervorgegangen und steht seither eigenständig im Markt. Welche Weichen mussten Sie seit Ihrem Einstieg stellen, damit das Unternehmen nun profitabel und kulturell stabil dasteht?
Jürgen Rosar: Der wichtigste Schritt war, aus der bloßen ‘Abspaltung’ eine echte Identität zu formen. Wir haben deshalb drei Ebenen parallel angefasst. Zunächst die Organisation: klare Rollen, flache Hierarchien, Matrix statt Silos. Meine Kollegin und Co-Geschäftsführerin Kristina Weiss verantwortet Finance & Admin, ich führe die marktgerichteten Funktionen. Dann die Kultur: Wertschätzung plus Ergebnisorientierung. Das klingt abgedroschen, aber wenn der CEO kein Büro mehr hat, sondern im Open Space sitzt, spüren 70 Bremer Kollegen, dass Transparenz nicht nur ein Schlagwort ist. Und schließlich das Geschäftsmodell, weg vom reinen Mengenverkauf hin zu einem Key Account-Ansatz mit vier strategischen Vertriebskanälen: Discount, Retail, QSR-Foodservice und Großhandel. Wir haben bewusst kleine, margenschwache Kunden an den Großhandel übergeben und investieren dafür in jene Partner, die skalieren können. Das hat unsere Kostenbasis gestrafft und gleichzeitig das EBITDA verbessert.
Wirtschaftsforum: Der Wettbewerb um die Einkaufswagenplätze bei Aldi, Lidl, Rewe & Co. ist brutal. Wo differenziert sich BAKER & BAKER inhaltlich?
Jürgen Rosar: Wir punkten mit starken Marken: Durch die Exklusivlizenz von Mondelez stammen alle Milka-Muffins, Oreo-Donuts und Cadbury-Cookies im europäischen Tiefkühlregal verlässlich von uns. Hinzu kommt Innovationsgeschwindigkeit. Wir führen ein paneuropäisches Trend-Radar, bei dem zwölf Werke in acht Ländern wöchentlich Konsumdaten melden. So entstehen Produkte wie unser Tomato-Franz, ein herzhaftes Franzbrötchen, das auf der Internorga eingeschlagen hat. Was ebenfalls zählt, ist Category-Expertise: Tiefkühlbackwaren sollen nicht nur gut schmecken, sie müssen auch logistisch funktionieren: auftau- und backstabil, wenige Food-Miles, planbare Lieferketten. Da helfen uns KI-gestützte Forecast-Tools, die Pandemie- und Kriegsvolatilität abfedern. Und schließlich überzeugen wir mit echter Partnerschaft: Bei einem führenden QSR-Kunden haben wir das Snack-Sortiment so umgebaut, dass er 18% weniger Food-Waste meldet. Das schafft Bindung jenseits des Preises.
Wirtschaftsforum: Viele Mittelständler reden über New Work und Digitalisierung. Was passiert bei BAKER & BAKER konkret, jenseits der Schlagworte?
Jürgen Rosar: New Work beginnt bei der Umgebung: Unser Bremer Office in der Überseestadt ist ein frei bespielbarer 1.600 m2-Raum mit Fokus-Cabins, Café-Lounge und Maker-Kitchen. Hier verkosten Entwickler direkt neben Key-Account-Managern. Digitalisierung heißt für uns nicht nur SAP-Updates, sondern marktnahe Anwendungen: Wir testen gerade einen KI-Chatbot, der Bäckerei-Betreibern Back-Off-Fragen in Echtzeit beantwortet. Außerdem pilotieren wir ein Image Recognition Tool, das in SB-Backstationen Leerfächer erkennt und Nachbestellungen automatisch triggert. Intern setzen wir auf Daten-Demokratisierung. Jede Führungskraft hat Zugang zu Live Dashboards mit Umsatz, Ausschuss, Energieverbrauch. Das verankert Verantwortung.
Wirtschaftsforum: Wohin führt die Reise in den nächsten fünf Jahren – in Zahlen, Märkten und Themen?
Jürgen Rosar: Wir wollen weiter wachsen, organisch und über gezielte Beteiligungen an Food-Start-ups, die uns Tempo in pflanzenbasierte und proteingestützte Segmente bringen. International wächst Deutschland/Österreich weiter als größter Festlandmarkt, aber wir legen gerade in Polen eine Landesgesellschaft an und haben 2024 ein Büro in Dubai eröffnet, um den Mittleren Osten und Asien smarter zu bedienen. Thematisch treiben mich drei Ziele: profitables Wachstum, kundenorientierte Digitalisierung und Employer Branding. Wir möchten vermitteln, dass man hier ohne Politik, aber mit viel Gestaltungskraft arbeiten kann. Meine Vision lautet: Wir inspirieren den Markt mit Genussmomenten, während wir intern eine Lernumgebung schaffen, in der Change Spaß macht und Menschen gern Verantwortung übernehmen.
Wirtschaftsforum: Was ist Ihr persönlicher Antrieb, diesen Change immer wieder zu moderieren?
Jürgen Rosar: Ich bin seit über 25 Jahren im Food-Umfeld. Aus den Konzernjahren bei Aldi, Metro und Oetker ziehe ich heute Rezepte für fast jede Krisenlage. Im Mittelstand kann ich damit unternehmerisch wirken, mit voller P&L, schnellen Entscheidungen und engem Kontakt zu Kunden: Ich stehe selbst im Feld. Veränderung ist mein Lebenselixier, weil sie Menschen von A nach B bringt. Wenn die Kollegen sehen, dass Veränderungen Wirkung zeigen – bessere Zahlen, stolze Kunden, positives Feedback aus England – dann entsteht dieser berühmte Flywheel-Effekt. Den immer wieder anzuschieben, macht mir ehrlich Freude.